Kraftort Gaußplatz 11

Im Mai 1992 konnten Uschi und Dieter Schreiber das Café Troppau von Karl und Traude Rudolf übernehmen, anmieten und den neugegründeten Aktionsradius als Kultur- und Stadtprojekt darin ansiedeln. Angesiedelt an der Schnittstelle von Kunst, Gesellschaft und Stadt kann der unabhängige Kulturverein heute auf eine fast 30-jährige, bewegte Geschichte zurückblicken und war wichtiger Motor für die Entwicklung des Augartenviertels und des Gaußplatzes.In den Räumlichkeiten des ehemaligen Café Troppau von Karl und Traude Rudolf am Gaußplatz 11 bietet der Aktionsradius heute eine Bühne für offenen Diskurs zeitgenössischer Themen – ganz in der Tradition der Wiener Salons. Das Haus Gaußplatz 11 ist ein künstlerischer Kraftort: Die Malerin Linde Waber lebt/arbeitet hier, die Schriftstellerin Lotte Ingrisch hat hier ihre Kindheit verbracht. Bis 1938 führte der jüdische Cafetier Leon Selzer das Kaffeehaus "Jägerhof" am Gaußplatz 11.

 

Die Geschichte: Der Aktionsradius beschäftigt sich seit 1990 mit der Geschichte des Platzes. Im Zuge der Neugestaltung des Gaußplatzes (1990-1995) wurde vom Aktionsradius (vormals Arbeitskreis Gaußplatz) eine professionelle historische Aufarbeitung des Platzes initiiert. Der Gaußplatz in seiner heutigen Form ist einer der wenigen geplanten Sternplätze Wiens und wurde vom Architekten Ludwig Förster im Jahr 1850 angelegt, als Vorbereitung für die geplante Wiener Stadterweiterung sowie Ringstraßenwettbewerb.
Aufgrund der noch nicht verfügbaren Baugründe sowie als Folge des Börsenkrachs 1873 ließ seine Verbauung noch Jahrzehnte auf sich warten. Ab Mitte der 1880er Jahre bebaute Stadtbaumeister Franz Bernert, Linde Wabers Urgroßvater, eine Reihe von Parzellen (darunter auch Gaußplatz 11 und 13) sowie anschließend eine Reihe von Häusern in der angrenzenden Klosterneuburger Straße, in der Treustraße, in der Traunfelsgasse und im 9. Bezirk.
 

 

Audiotrack
Kraftort Gaußplatz (gestaltet von Mischa G. Hendel)
Uschi Schreiber, Linde Waber, Dieter Schreiber
(Musik: Otto Lechner - Dank an ottolechner.at)
Dauer 22´52

Galerie

Jüdischer Gaußplatz - "Mazzesinsel"

Der Gaußplatz liegt am Rand der ehemals jüdisch geprägten „Alt-Brigittenau“ und stellte damals eine wichtige Verbindung zur Leopoldstadt dar. Bis 1938 entwickelte sich hier ein Zentrum jüdischen Lebens. In fast jedem der umliegenden Häuser waren in den 1930er Jahren mehr als die Hälfte (manchmal sogar 75%) der BewohnerInnen Jüdinnen und Juden – eine Vielzahl jüdischer Geschäfte, Kaffeehäuser, Vereine, Hilfsorganisationen, ein Kino u.v.m. säumten den Platz.

Die jüdischen Zuwanderer aus dem Osten, die sich hier ansiedelten, waren eher Kleingewerbetreibende und Händler, viele von ihnen in der Bekleidungsbranche tätig, aber auch Angestellte, Beamte oder Freiberufler. Es war zu dieser Zeit üblich, dass jüdische und christliche Bevölkerung in Frieden Tür an Tür lebten.

Von den Geschäften und Lokalen am Gaußplatz befanden sich in den 1930er Jahren viele in jüdischem Besitz, z.B.: ein Tuchwarengeschäft, ein Konfektionsgeschäft, ein Uhrmacher, eine Spezereiwarenhandlung, eine Fleischerei, eine Putzerei, eine Tabaktrafik, zwei Kaffeehäuser, eine Branntweinschank und eine jüdische Apotheke. Sonst gab es noch zwei Wirtshäuser, eine Gemischtwarenhandlung und eine Lottokollektur. Auch acht jüdische Ärzte und Ärztinnen waren am Gaußplatz angesiedelt.

Im Haus Gaußplatz 11 war zu dieser Zeit das Kaffeehaus „Jägerhof“ angesiedelt, betrieben vom jüdischen Cafetier Leon Selzer, der in den 1920er Jahren auch sozialdemokratischer Bezirksrat war. Ab 1938 wurde es arisiert und als Café Troppau von Familie Rudolf geführt, bis 1992 der Aktionsradius Augarten hier einzog.
 

Kalender

November
 
FR 22. November 2024
16:00 Uhr
Ort wird bekanntgegeben (bei Anmeldung!)

Frieden & Kolonialismus | Globaler Süden - Globaler Norden

Die Kunsthistorikerin Suzie Wong hat für den Aktionsradius Wien eine Museumstour-Trilogie zusammengestellt, die sich mit „Frieden und Kolonialismus“, mit der Geschichte des globalen Südens, der langen verdrängten, kolonialen Vergangenheit sowie dem Hinterfragen der eurozentristischen Perspektive auseinandersetzt. Die Kunst inspiriert zu einem Perspektivenwechsel. Die letzte Tour der Trilogie 2024 führt in den Prater …

Freitag, 22. November 2024, 16.00 -17.30 Uhr, Pratermuseum:
Die letzte Station der Museumstour-Trilogie führt ins Pratermuseum, das im März 2024 als Außenstelle des Wien Museums neu eröffnet wurde. Die Museumstour beschäftigt sich mit Fragen zu „Kolonialen Erwerbungen“ in der österreichischen Museumslandschaft und schließt mit einem faszinierenden Rundgang durch die Geschichte des Wiener Praters ab, der seit seiner Gründung 1766 als „Labor der Freiheit und Gleichheit“ bezeichnet werden kann. Leitung: Susanne Winkler & Werner Michael Schwarz, Kurator*innen Wien Museum.

Eintritt: Organisationsbeitrag 15 Euro

Begrenzte Plätze!
Anmeldung erforderlich unter office@aktionsradius.at.
Treffpunkt wird bei der Anmeldung bekannt gegeben.
Nach dem Museum gemeinsamer Kaffeehausbesuch möglich.
Tourleitung: Suzie Wong

Die Reihe Museumstouren mit Suzie Wong wird 2025 fortgesetzt.
Geplant ist ein Schwerpunkt "Frauen und Kunst":

  • FR 17.1.2025 Belvedere 21: FRAUEN UND KUNST – Kazuko Miyamoto
  • FR 7.3.2025 Kunsthalle Wien: FRAUEN UND KUNST – Radical Software
  • FR 20.6.2025 Unteres Belvedere: RADIKAL! – Künstlerinnen* und Moderne

Außerdem ein Herbst-TIPP im Belvedere21 > siehe unten im Anhang

MI 27. November 2024
19:00 Uhr
Aktionsradius Wien

Buch Hannes Hofbauer, Gespräch mit Dieter Reinisch

Schießkrieg und Wirtschaftskrieg hängen eng zusammen. Die enge Verwandtschaft des Militärs mit dem ökonomischen Konflikt hat schon Johann Wolfgang von Goethe erkannt. „Krieg, Handel und Piraterie – dreyeinig sind sie, nicht zu trennen“ , schrieb der Weimarer Dichter kurz vor seinem Tod 1831. Der Historiker Hannes Hofbauer beschäftigte sich in seinem neuen Buch mit den Wirtschaftskriegen unserer Zeit und ihren Folgen. Ein Blick in die Geschichte westlicher Sanktionspolitik zeigt, wie konstant dieses Instrument zur Durchsetzung geo- und wirtschaftspolitischer Interessen im Einsatz ist, seit 1948. Wo eine Sanktion greifen soll, braucht es Macht, am besten Allmacht. Wer eine Sanktion ausspricht, muss die Mittel haben, sie durchzusetzen. Das Buch behandelt den aktuellen Wirtschaftskrieg gegen Russland, der eine bis dahin nicht gekannte Dimension erreicht hat – aber auch die westlichen Sanktionsregime gegen Kuba, Nordkorea, Jugoslawien, den Irak und Iran. Sanktionen und Gegensanktionen als politische Maßnahmen haben nicht nur Auswirkungen auf die beteiligten Nationen, sondern auf die gesamte globale Wirtschaft: Wirtschaftskrisen, Lieferkettenprobleme, Inflation, Vertrauensverlust in politische Institutionen sowie eine rasche Entwestlichung des eurasischen Raumes und des globalen Südens. Im Gespräch mit dem Journalisten und Historiker Dieter Reinisch wird Autor Hannes Hofbauer die Themen des Buches beleuchten und mit dem Publikum diskutieren. Das Buch ist 2024 im Promedia Verlag erschienen.

Hannes Hofbauer, geboren 1955 in Wien, studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte, ist Publizist und Verleger. Von ihm sind zuletzt „Zensur. Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte“ (2022), „Europa – ein Nachruf“ (2020) und „Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung“ (2016) im Promedia Verlag erschienen ( www.mediahop.at ).

Dieter Reinisch, geboren 1986, ist Journalist und Historiker. Er promovierte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und arbeitet als Korrespondent der deutschen Tageszeitung junge Welt und mehrerer internationaler Medien. Außerdem ist er Vorstandsmitglied des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC) und in der Redaktion der außenpolitischen Zeitschrift INTERNATIONAL. Für seine Forschungs- und Lehrtätigkeit erhielt er das „Seal of Excellence“ der Europäischen Kommission sowie die Titel „Fellow of the Royal Historical Society“ und „Fellow of the Higher Education Academy“. Im Promedia Verlag sind mehrere Bücher von ihm erschienen.

Eintritt: Spende

Ort: Gaußplatz 11, 1200 Wien.
ACHTUNG: PÜNKTLICHER BEGINN WEGEN LIVESTREAM!!
Einlass: 18.30 Uhr. Beginn: 19.00 Uhr.

Die Veranstaltung wird auch filmisch aufgezeichnet - mit der Teilnahme stimmen Sie den Foto-/Filmaufnahmen zu. Keine Anmeldung erforderlich! Bitte Handys ausschalten!!

Dezember
 
DI 03. Dezember 2024
19:00 Uhr
Aktionsradius Wien

Film-Porträt Werner van Gent – Konzert Shalman-Radenkovic

Der Abend ist dem Leben von Werner van Gent gewidmet. Er arbeitete zusammen mit seiner Frau, der Journalistin Amalia van Gent, 40 Jahre lang als Kriegsjournalist in vielen Konfliktregionen der Welt, beispielsweise im Irak, Pakistan oder auf dem Balkan. Amalia war als Journalistin für die WoZ oder NZZ tätig, Werner für das Radio und Fernsehen SRF. Das verbindende Element war die Analyse, dass sie beide das Geschehen verstehen wollten. Oft wurden sie mit der Frage konfrontiert: „Wie gehen sie mit dem Elend um, über das Sie berichteten?“ – Die griechische Insel Tinos als Rückzugsort nach schwierigen Einsätzen und auch die Musik haben sie immer wieder mit der Welt versöhnt. Musik versus Krieg? Musik als Quintessenz des Menschlichen? – Wir zeigen das Filmporträt „Werner van Gent – Leben zwischen Krieg und Musik“ von Michael Magee, dokumentiert von Viola Käumen. Der Film aus 2022 stellt die Frage nach der Definition von gutem Journalismus und der Grenze von Journalismus – und thematisiert die Verarbeitung von Kriegserlebnissen sowie die Bedeutung von Musik. Im anschließenden Gespräch mit Andrea Hiller gibt Werner van Gent persönliche Einblicke in die Rückschau seines Lebens – ein Gespräch über Krieg und Frieden, über Recht und Unrecht und über alles, was dazwischen liegt. Werner van Gent und seine Frau Amalia betreiben gemeinsam den Kolchis Verlag: https://www.kolchisverlag.ch/

Zwischen Krieg und Musik" … daher klingt die letzte Veranstaltung des Jahres mit dem Duo Pavel Shalman und Božidar „Boki” Radenkovic virtuos aus. Der jüdische Geiger Pavel Shalman und der serbische Multi-Instrumentalist Boki Radenkovic verknüpfen musikalische Inspirationen aus dem Balkan, aus Osteuropa oder Latein-Amerika mit europäischen Traditionen wie Musette und Tarantella, Klezmer, Tango bis hin zur klassischen Musik und dem Jazz.

Pavel Shalman, geboren in St. Petersburg, aufgewachsen in New York, lebt seit 2002 in Wien und hat im Alter von vier Jahren das Geigenspiel von seinem Vater gelernt.
Božidar „Boki” Radenkovic wurde in eine Musikerfamilie in Kraljevo/Serbien geboren, begann als Kind mit dem Akkordeon und später mit dem Klavier. Beide haben Musik studiert und spielen heute in ganz unterschiedlichen Formationen. Pavel Shalman - violin | Boki Radenkovic - accordion, guitar & vocals. Infos: https://pavelshalman.com/pavelboki/de

Eintritt: Spende / Musikbeitrag

Ort: Gaußplatz 11, 1200 Wien.
ACHTUNG: PÜNKTLICHER BEGINN WEGEN LIVESTREAM!!
Einlass: 18.30 Uhr. Beginn: 19.00 Uhr.
Anmeldung unter office@aktionsradius.at ist empfohlen!

Die Veranstaltung wird auch filmisch aufgezeichnet - mit der Teilnahme stimmen Sie den Foto-/Filmaufnahmen zu. Keine Anmeldung erforderlich! Bitte Handys ausschalten!!