Erica Fischer

Schriftstellerin * Journalistin * Feministin

 

Erica Fischer ist eine österreichische Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin und Feministin. Sie wurde 1943 in der englischen Emigration der Eltern geboren, am 1. Jänner 1943 in St. Albans, England. Dorthin waren ihre Eltern nach dem Anschluss Österreichs an das Nazi-Deutschland emigriert. Der Vater war Wiener, die Mutter Polin und Jüdin. 1948 kehrten die Eltern mit ihren beiden Kindern nach Wien zurück.

Erica Fischer wuchs in Wien auf, studierte am Dolmetschinstitut der Universität Wien und war in den 1970er Jahren Mitbegründerin der autonomen Frauenbewegung in Wien. Ebenso ist sie Mitbegründerin der feministischen Zeitschrift „AUF – Eine Frauenzeitschrift“ und der Wiener Buchhandlung „Frauenzimmer“. Nach ihrer Wiener Zeit lebte sie als freie Autorin, Journalistin und Übersetzerin viele Jahre lang in Berlin. Gemeinsam mit ihrem Mann Massimo Cortini übersiedelt die Autorin im Spätsommer 2023 nach Barcelona, ihrer „letzten Station“, wie sie das selbst formulierte. Erica Fischer hat für mehrere Verlage über 20 Bücher aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Sie hat auch mehrere Preise und Stipendien erhalten.

Ihr Buch „Aimée & Jaguar“ (1994) wurde zum Weltbestseller und 1999 auch verfilmt. Es schildert das Leben in Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus 1943/44 - im Zentrum steht die Liebe der Nichtjüdin und Nazi-Mitläuferin Lilly Wust zur Jüdin Felice Schragenheim. Erica Fischer ließ sich von der 80-jährigen Lilly Wust und anderen Beteiligten die Geschichte erzählen und verarbeitete sie zu einem eindringlichen Zeugnis. Spätestens seit diesem Welterfolg hat sich Erica Fischer zu einer klugen, feinsinnigen Stimme des Feminismus entwickelt und greift in ihren Büchern immer wieder feministische und gesellschaftspolitische Themen auf. 2019 erschien das Buch „Feminismus Revisited“ – eine Mischung aus autobiografischem Essay einer Feministin der ersten Stunde und Porträts junger Frauen, für die der Feminismus mehr ist als Quoten. Im Buch „Alt – na und?“, erschienen 2021, thematisiert sie die Herausforderungen des Alters. 2022 erschienen ihre autobiografischen Texte „Spät lieben gelernt“, in denen sie anhand ihres eigenen Lebens die großen Themen des 20. Jahrhunderts illustriert sowie den tiefgreifenden Einfluss des Feminismus auf ihre persönliche Entwicklung.

2023 veröffentlichte sie das Buch „Die Welt vor Suzie Wong“ (eine Familiengeschichte zwischen Wien, Seoul, Paris, Shanghai) als Kooperationsprojekt mit Suzie Wong im Mandelbaumverlag. Die Buchpräsentation fand am 17. April 2023 im Aktionsradius Wien statt – die Aufzeichnung des Abends können Sie ebenfalls in unserem Archiv unter „Die Welt vor Suzie Wong“ abrufen.

www.erica-fischer.de

 

 

Ania Gleich hat mit Erica Fischer im April 2023 für das Musikmagazin skug ein Interview geführt. Den Einstieg dazu können Sie hier lesen und als gesamten Artikel auf skug.at abrufen.

 

 

»Die Geschlechterfrage wird nach wie vor als Frauenfrage gesehen«

Erica Fischer ist Mitbegründerin der autonomen Frauenbewegung in Wien. Warum sie durch die Liebe überhaupt erst zur Feministin wurde, erzählt die Autorin und Übersetzerin in ihrer Autobiografie »Spät lieben gelernt«. Für skug hat sich die Wahlberlinerin zum Interview getroffen.

Die Mutter war polnische Jüdin. Der Vater Wiener und Nichtjude. 1943 kam aus dieser Beziehung im englischen Exil Erica Fischer auf die Welt. Fünfjährig zog die spätere Feministin mit ihren Eltern nach dem Krieg wieder in die österreichische Hauptstadt und blieb doch für immer mit ihrer Geschichte verkettet: Identität ist bis zuletzt ein wegweisender Faktor für die inzwischen in Berlin lebende Autorin und Übersetzerin. In ihrer Ende letzten Jahres erschienenen Autobiografie »Spät lieben gelernt« erzählt die Achtzigjährige ihren Weg zum politischen Aktivismus und wie sie Feminstin wurde. Anlässlich eines Wien-Besuchs für eine Veranstaltung im Aktionsradius Wien bot sich die Gelegenheit, für skug ein Gespräch mit der Schriftstellerin zu führen. Inwiefern ihr ursprünglicher Ehrgeiz zur politischen Arbeit mit unbefriedigenden Liebesbeziehungen zusammenhängt und weshalb ihre jüdische Identität bis heute für ihre feministische Arbeit bedeutsam ist, erzählte Erica Fischer im Interview.

skug: Du bist in England geboren und in Österreich aufgewachsen. Wie war das?

Erica Fischer: Meine erste Sprache war Englisch, und als ich nach Wien kam, konnte ich kein Wort Deutsch. Mein Vater war Wiener und kein Jude, meine Mutter Polin und Jüdin. Sie ist 1928 nach Wien gekommen, um hier an der Kunstgewerbeschule zu studieren. In England war es während des Krieges nicht günstig, Deutsch zu sprechen, weshalb ich in meinen ersten Lebensjahren nur Englisch gehört habe. Es war also erst einmal ein Schock, als ich in Wien ankam. Gleichzeitig war die Veränderung spannend: Die Wohnung, die nur aus einem Zimmer bestand, war für mich als Kind riesengroß und hat mir sehr gefallen. Aber wenn ich in den Hof ging, konnte ich mit den Kindern nicht sprechen. Das war traumatisch für mich. Ich bin dann nach Hause gekommen, habe geweint und meinen Eltern erklärt, dass ich die Wohnung nie wieder verlassen werde. Natürlich habe ich innerhalb kürzester Zeit Deutsch gelernt, wie es bei Kindern so ist. Insgesamt ist England in meiner Fantasie immer etwas Positives geblieben. Das kam daher, dass meine Mutter sehr ungern nach Österreich zurückgekehrt ist, weil sie als Jüdin vertrieben wurde und in England glücklich war. Dort arbeitete sie in der Fabrik für die Kriegsproduktion und hat von den englischen Arbeiterinnen viel Solidarität erfahren. Deswegen wäre sie gerne dort geblieben. Aber mein Vater, Sohn von waschechten Wienern, wollte unbedingt nach Österreich zurückkehren. Deshalb war sie immer sehr unglücklich in Wien.

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> Den gesamten Artikel können Sie auf www.skug.at (öffnet in eigenem Browserfenster) abrufen.

Erica Fischer akustisch


Gestaltet von Ania Gleich
 

Spät Lieben gelernt – Gespräch mit Erica Fischer

Interview & Moderation: Ania Gleich
Dauer 57 min.


Musikliste:
Mme Psychosis – Vibe
Mme Psychosis – Epic
Hania Rani und Dobrawa Czocher – Tak tak to ja
Little Simz – Venom
Maria Mena – Power Trip Ballad
PJ Harvey – I Inside the Old I Dying

 

 
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