Vergangene Programmschienen

Hier finden Sie die vergangenen Programmschienen des Aktionsradius Wien - ein Rückblick ab Dezember 2020, absteigend sortiert.


CORONA, LOCKDOWN UND DIE FOLGEN - Reflexionen zur Krise 2020

Das Jahr 2020 ist eine Zäsur. Ein weltweiter Lockdown als Folge eines Virus hat die ganze Welt lahmgelegt, die bis heute keinen Weg aus der Krise gefunden hat. Das Thema Covid-19 bzw. die politischen Folge-Maßnahmen dominieren das Leben der Menschen, weltweit. Neben der gesundheitlichen Sorge bedeutet das für viele Menschen Jobverlust, Existenzangst, Orientierungslosigkeit, Isolation, Einsamkeit, Stress, mangelnde Gesundheitsversorgung bei anderen Krankheiten – aber auch Armut und Hunger in vielen Regionen der Welt. Massive soziale und gesellschaftliche Verwerfungen, eine weltweite Wirtschaftskrise, Firmenpleiten, Massenarbeitslosigkeit, dicht gemachte Grenzen, das Ende der Reisefreiheit, Notverordnungen, Eingriffe in religiöse Traditionen und private Feste, Aufhebung der Versammlungs-/Bewegungsfreiheit sowie demokratischer Grundrechte, eine gespaltene Gesellschaft und die größte Vermögens-Umverteilung aller Zeiten sind die dramatischen Folgen und Kollateralschäden der politischen Entscheidungen rund um Covid-19. In Europa hat es seit den Kriegen des letzten Jahrhunderts kein so tiefgreifendes Ereignis gegeben, das derart massiv und radikal in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung, in persönliche Beziehungen sowie in die Freiheit und Würde der Menschen eingegriffen hat. Und auch bezüglich der „Gleichschaltung der Welt“ hat der Umgang mit Covid-19 eine neue Dimension aufgezeigt. Die ganze Welt ist von „Corona“ und der damit verbundenen Krisenstimmung betroffen. Doch gerade aus Sicht der sich zuspitzenden Weltwirtschaftskrise sehen viele Experten „Corona“ nur als „Stecknadel, die in eine Blase sticht“, die längst kurz vor dem Platzen war. Der Umgang mit dem Virus wirkt in manchen Bereichen als „Brandbeschleuniger“ und macht sichtbar, wo die Problemfelder unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Politik liegen.



In den Einschätzungen der Gefährlichkeit von Covid-19 liegen ExpertInnen bis heute weit auseinander. Nur eines ist klar: Covid-19 ist kein Killervirus. Er ist hinsichtlich Mortalitätsrate nicht mit der Spanischen Grippe oder Pest vergleichbar (wie anfangs vielleicht befürchtet), sondern ordnet sich wohl eher in die Reihe der Influenzaviren ein. Laut AGES sind in der Saison 2019/2020 in Österreich bis Sommer mehr Menschen an der „klassischen“ Grippe gestorben als „an oder mit Corona“ (ca. 834). In der Saison 2018/19 starben 1.373 Personen in Österreich an Influenza, in den beiden Saisonen davor waren es sogar 2.851 bzw. 4.436. Unter ÄrztInnen (in Österreich, Deutschland bzw. weltweit) regt sich daher zunehmend Widerstand gegen Maßnahmen ohne jegliche Evidenz sowie Unmut über die weiter anhaltenden und sich neu verschärfenden „Lockdown-Maßnahmen“. Viele Mediziner rufen zu mehr Gelassenheit, Rationalität, Verhältnismäßigkeit und Normalität auf – die Ärztekammer Oberösterreich spricht von einem „technischen Labor-Tsunami, aber keiner zweiten Welle“ und fordert einen faktenbasierten, sachlichen und konstruktiven Diskurs. Die Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT) hat sich gegen „ungezielte Massentestungen“ und für Screenings bei Symptomen bzw. für Risikogruppen ausgesprochen. Warum setzt die Regierung die seit 1945 härtesten Einschnitte für Wirtschaft und öffentliches Leben dennoch fort?

Der Aktionsradius Wien möchte das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und hat kritische Stimmen aus den Bereichen Medizin, Kunst, Forschung, Umwelt, Wirtschaft und Finanzwesen eingeladen, um sich mit den Hintergründen, Folgen und Kollateralschäden der Virus-Maßnahmen auseinander zu setzen. Dabei werfen wir einen Blick auf die Situation in Österreich und Europa, aber auch auf die globalen Zusammenhänge und strukturellen Hintergründe der weltweiten Krise. Und vielleicht kann die globale Krisenstimmung auch als Weckruf zur Transformation gedacht werden, auch wenn es im Moment schwerfällt, Utopien und Auswegszenarien zu sehen. Wir laden Sie herzlich ein: Nehmen Sie teil am Diskurs!


DER PREIS DES WISSENS - Gesellschaftliche Normierungen

Im Oktober richten wir den Blick auf Konfliktthemen und persönliche Ausnahmesituationen, die in unserer „freien“ Gesellschaft oft wenig im Fokus sind und sich als Spannungsfeld zwischen persönlicher Freiheit und gesellschaftlichem Zwang entfalten. Rund um die essentiellen Lebensfragen bedeutet Fortschritt und gesellschaftliche Normierung für den Einzelnen vielfach einen sehr belastenden (Entscheidungs-)Druck, dem er/sie sich entweder beugen kann, oder der eine Art „Rebellion gegen die sozialen Erwartungen“ abverlangt. Die Oktober-Veranstaltungen drehen sich um verschiedene Fragen des Lebens, um Planung, Optimierung und Perfektionierung; um Geburt, Tod, Behinderung; um Kinderwunsch, Abtreibung oder die Frage, ohne Kinder leben zu wollen. Es geht um Normalität und Anderssein und letztlich um die Fragen: Welches Leben ist gut – welches „unbrauchbar“? Was bedeutet es für unsere zukünftige Gesellschaft, wenn sich biologische Grenzen auflösen und sich Technik in den Ursprung des Lebens – das „Wunder der Natur“ – einschreibt?

„Preis des Wissens“ nennt ein Spiegelartikel jene heiklen Entscheidungen, die medizinischer Fortschritt heute mit sich bringt. Technische Entwicklung, Pränataldiagnostik, immer umfassenderes Wissen und größerer Entscheidungsspielraum bringen auch größere Verantwortung mit sich. Werdende Mütter und Väter, Patienten und kranke Menschen müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen und sind mit der Last der Entscheidung – sowie deren mittelbaren und unmittelbaren Konsequenzen – oft weitgehend allein gelassen. Viele Betroffene sind damit meist überfordert. „Und dann bleibt dir keine andere Wahl, du entscheidest über Leben und Tod.“

Wir möchten in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, wie sich die Selbstbestimmung der einen auf das Lebensrecht der anderen auswirkt. Wie in unserem Alltag ganz normale Menschen mit einer Ausnahmesituation umgehen, die eigentlich gar keine ist, weil sie viele Menschen betrifft und eigentlich zum Leben dazu gehört. Wie „Normalität“ definiert wird, und jedes echte Anderssein in der Schublade „defekt, nicht gut genug, unbrauchbar“ verstaut wird. In einer Zeit medizinisch-technisierter Geburtenkontrolle und revolutionärer Technologien bedarf die Frage „Wie weit soll und darf die Natur manipuliert werden?“ einer wichtigen Auseinandersetzung. Und gibt es auch ein Recht auf „Nicht-Wissen“? Oft zeigt sich eine persönliche Ambivalenz zwischen Fortschritt und den Konsequenzen daraus. Auch ethische und juristische Grenzen sind vielfach (noch) nicht eindeutig definiert und müssen gesellschaftlich debattiert werden. Wir eröffnen daher die Debatte in einigen Themenfeldern und laden Sie zu Reflexion und Diskussion – sowie zur Bestandsaufnahme der Gegenwart unserer Zukunft.


 
CHARIVARI - LINDE WABER 80

Im eigentlichen Wortsinn ein „Durcheinander“, ist das Charivari (gesprochen „Schariwari“) bei uns bekannt als Schmuckkette, an der „Schätze“ wie kleine Münzen, Edelsteine, Hornscheiben, Rehgeweihe, Fuchszähne, Dachsbärte gesammelt sind. Das französische Wort „charivari“ kam in der napoleonischen Zeit in den deutschen Sprachraum. Im Französischen bedeutet es so viel wie „Lärm“, „Radau“, „Katzenmusik“ oder „Spektakel“. Im Alpenraum diente das Charivari auch als Talisman für eine erfolgreiche Jagd oder Ernte.

Im Mai ist auch im Aktionsradius „Erntezeit“: Wir laden zum CHARIVARI mit Linde Waber!
Die Malerin, Zeichnerin und Druckgrafikerin wird 80 Jahre alt (*24.5.1940 Zwettl, NÖ), und ihr Geburtstag ist Anlass, einen Monatsschwerpunkt gemeinsam mit künstlerischen Wegbegleitern am Gaußplatz 11 zu gestalten. Sechs Mal wird Gelegenheit geboten, der Künstlerin zu gratulieren und gemeinsam mit Weggefährten zu feiern: Mit Literatur, Musik, Performance, Videos; zwischen Diesseits und Jenseits; mit Reisen von Zwettl bis Pakistan, vom Gaußplatz bis Südafrika; mit Ausflügen nach Frankreich, in die Familie oder in die Kunsttheorie. Wir laden Sie herzlich ein – feiern Sie mit!

Linde Waber 80. „Linde Waber sammelt interessante Menschen um sich, sucht besonders den Kontakt zu anderen Künstlern, Dichtern, Musikern, Filmemachern, Architekten, Modemachern“ schreibt Rudolf Leopold in seinem Vorwort zur Ausstellung anlässlich des 70. Geburtstages. An der hohen Kunst der Kommunikation, der Vernetzung sowie der unglaublichen und sprühenden Energie Linde Wabers hat sich bis heute nichts geändert. „Kleinkraftwerk Linde“ nennen sie manche Künstlerfreunde. Sie ist eine Reisende, global vernetzt, mit großer Abenteuer-Lust. Sie hat fast alle Kontinente bereist und sich in ihrer Kunst durch unterschiedliche Kulturen inspirieren lassen. Aber nicht nur ferne Welten, auch der Mikrokosmos ihres Zwettler Gartens oder ihres Wiener Wohnumfeldes am Gaußplatz/Augarten taucht immer wieder im Werk der Künstlerin auf. Linde Waber lebt in Interaktion mit anderen Kunstformen und holt sich viele Anregungen aus der Literatur. Zitate von Künstlerfreunden wie Ernst Jandl, Friederike Mayröcker, Bodo Hell oder Franzobel finden sich in ihren Bildern…

In Lebensphasen der Zeitnot zeichnete sie „alles um mich herum“. So ist mit der Zeit auch die Serie „Atelierzeichnungen“ entstanden. Seit 1982 besucht Linde Waber Künstler-KollegInnen im In- und Ausland in deren eigenem Arbeitsumfeld, um das für die jeweilige Person Charakteristische festzuhalten. „Die Ordnung anderer Menschen und ihrer Räume beginnt mich zu interessieren. Ich zeichne in den Ateliers anderer Künstler und versuche zu begreifen.“ hat sie ihren Zugang dazu formuliert. Sie schöpfte für diese Serie aus ihrem umfassenden Kontaktnetz, gleichzeitig ist ihr Bekanntenkreis durch die Atelierzeichnungen um viele interessante Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur gewachsen. In der Reihe „Atelierzeichnungen“ finden sich z.B. Gottfried von Einem, Franzobel, Friederike Mayröcker, Max Nagl, Hildegard Joos, Gunter Damisch, Hans Staudacher, Franz Josef Altenburg oder internationale Künstlerfreunde wie Rolf Hochhuth, Kishwar Naheed, Hans Huyssen und viele andere aus Aserbeidschan, Jemen, Oman, Pakistan, China, Japan, Südafrika, Bethlehem und nicht zuletzt über die Jahre im Sommerfreiluftatelier Grafenbergalm (Tierzeichnungen).

Seit circa 30 Jahren sammelt die Künstlerin auch Tageszeichnungen, eine andere Form des Tagebuchs, in denen sich Gäste verewigen dürfen. Die kleinformatigen Blätter dokumentieren die Eindrücke des Tages. 2010, zum 70. Geburtstag der Künstlerin, schrieb Robert Sommer dazu: „7.000 Zeichnungen in einem Haus der Kunst bilden ein Gesamtkunstwerk, vor dem das Urinoir von Duchamp, und seien es 7.000 Pissmuscheln nebeneinander, fad wie Industriekeramik erscheint. Mir fällt aber nur Linde Waber ein, die diese 7.000 Zeichnungen im einheitlichen Maß – 35 mal 35 Zentimeter auf Japanpapier – bereitstellen könnte. Wenn es demnächst heißt, die Waberin habe seit zwanzig Jahren jeden Tag eine Tageszeichnung gemacht, werden die BesucherInnen des diesbezüglichen Jubiläumsfestes ihre Kopfrechenkünste testen und, wenn sie´s schaffen, auf die Zahl von rund 7.000 kommen. 7.000 Tage muss eine(r) erst erleben.“ Mittlerweile sind weitere 10 Jahre vergangen – und neues Kopfrechnen ist angesagt …



BALKAN – EINE REGION AUS DEM GLEICHGEWICHT

Mit dem Zerfall und der Zerstörung des ehemaligen Jugoslawien ging eine Reihe von Kriegen und Tragödien einher. Ein sozial und national aus dem Gleichgewicht geratener, total zerstörter Balkan war das Ergebnis. Propaganda von allen Seiten führte zur totalen Verunsicherung in der kritischen Öffentlichkeit im Westen. Mittlerweile sind 20 Jahre vergangen – und dennoch sind für viele Menschen die Konflikte am Balkan nach wie vor schwer verständlich und nachvollziehbar. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, die konfliktreiche, ethnisch-vielfältige, emotional aufgeladene, instabile und faszinierende südosteuropäische Region aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Wir haben KünstlerInnen, ExpertInnen und Betroffene eingeladen, ihre Auseinandersetzungen mit dem Balkan, mit Ex-Jugoslawien und dem Ex-Kommunismus mit uns zu teilen.

Im politischen Diskurs über die Konflikte in den Ländern der Balkanregion fällt die Absenz von politischen Begriffen wie Versöhnung, Befriedung, Ausgleich, Sühne, Arrangement, Mäßigung oder Kompromiss auf. Vor etwa zehn Jahren waren Menschen und Menschenrechtsgruppen noch zuversichtlich, dass Versöhnungsprozesse eingeleitet werden können. Diese Initiativen verliefen leider im Sand, weil es nicht gelungen ist, Friedens- und Demokratisierungsprozesse gemeinsam anzusetzen, so wie es in den Kriegsjahren auch auf allen Seiten zu einer Aushebelung der Demokratie durch nationalistische Politik kam. Das Zuversichtlichste, was man zu den Balkan-Verwerfungen sagen könnte, ist, dass die Stimmungen der Völker immer geschwankt haben, oft innerhalb kurzer Zeit. Wesentliche Voraussetzungen hierfür waren u.a. Souveränität sowie ökonomische Angleichung aller Gesellschaften und Regionen, um quasi Kontakte in Augenhöhe zu ermöglichen. Im Nord-Südgefälle Ex-Jugoslawiens gibt es aktuell nichts, was Hoffnung für diesen Ausgleich brächte. Im Gegenteil, die Situation ist weiter sehr aufgeheizt, wie die Diskussionen rund um den Handke-Nobelpreis gezeigt haben, und manche Akteure in dieser Region scheinen eine Neuauflage des Krieges vorzubereiten.

Freilich stellt sich die Lage am Balkan komplizierter dar als in anderen Konflikten. Der Staat Jugoslawien ging im 19. Jahrhundert aus einer Vielzahl rechtlich, kulturell und sozialökonomisch extrem disparater Regionen hervor. Die Gebiete, die den ersten jugoslawischen Staat bildeten, unterschieden sich jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer politisch-ökonomischen Charakteristik – unklar war auch von Anfang an, nach welchem Proporz die Völker des neuen Staatengebildes sich die Macht untereinander teilen sollten. Mit der Einführung einer zentralistischen Verfassung 1921 sicherten sich die serbischen Eliten eine gewisse Vorrangstellung innerhalb des Staates. Wie sehr diese Zerrissenheit den Interessen des Westens und den globalen Mächten entsprach und was der Westen tat (und tut?), um die Zerrissenheit zu bewahren, ist ein Thema, das nach Aufarbeitung schreit.

In den 1990er und 2000er Jahren gab es einen „Balkan-Boom“ in Wien. Im Zentrum der Interessen der balkanaffinen Teilöffentlichkeiten, die sich den «Balkan in Wien» aneigneten, stand das traditionelle Liedgut aus Jugoslawien, das von Arrangeuren aus der Wiener Weltmusikszene «urbanisiert» und verwestlicht wurde. Diese Art von Inszenierung der Balkan-Musik trennte jedoch die „Jugomusik“-Fans von den realen migrantischen AkteurInnen, die auf andere Weise ihre Selbsturbanisierung vorantrieben – mit Musik, die wenig mit dem zu tun hatte, was in Wien als balkan-«authentisch» abgefeiert wurde. Als Musik- und Festveranstalter hat sich in den 1990ern auch der Aktionsradius – ebenfalls halb bewusst, halb unbewusst – eines romantisierenden Balkan-Bildes bedient, weil das im Trend lag und sich gut „verkaufen“ ließ.

Das Monatsthema «Balkan» im März 2020 wirft den Blick auf unterschiedliche Regionen und Themen Ex-Jugoslawiens und erlaubt dem Aktionsradius, das Bild zurecht zu rücken und zu einer realistischeren Perspektive auf eine rätselhafte Region zu kommen, die so «abgelegen» ist, dass man sie vom Gaußplatz aus in zweieinhalb Stunden erreichen kann...


    

BLICK AUF CHINA - Wirtschaft, Politik, Architektur und Kunst

Im Jänner und Februar 2020 laden wir Sie auf eine Reise durch China ein - ein Thema, das durch den Aufstieg Chinas zur neuen Weltmacht von großem Interesse und aus unterschiedlichen Perpektiven zu beleuchten ist.

Wir verzichten auf gängige Klischees vom «exotischen Reich der Mitte», weil das Bild der «rätselhaften» Macht nicht mehr stimmt, seit die Selbstdarstellungen und die Fremddarstellungen den internationalen Buchmarkt überschwemmen. Was stimmt, ist, dass es schwer ist, diese Analysen und Spekulationen zu synthetisieren: zu sehr widersprechen sich die vorliegenden Forschungs- und Recherche-Resultate und die Methoden, wie man das große Land in den Griff bekommt.

China repräsentiert nicht nur im Vergleich zum kapitalistischen Westen das «ganz Andere»; die Entwicklung der chinesischen Revolution kontrastiert auch – was weniger analysiert ist – das russische Experiment, mit dem sie die Ideologie und den Willen zum Sturz der alten Gesellschaft teilte. Die Volksrepublik China ist beim Eintritt in ihr siebtes Jahrzehnt ein Motor der Weltwirtschaft, der größte Exporteur in die EU, nach Japan und in die USA, der größte Inhaber von Fremdwährungsreserven des Planeten. Seit einem Vierteljahrhundert verzeichnet sie für die größte Bevölkerung der Welt die raschesten Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens, die je registriert wurden. Ihre großen Städte sind in ihrem kommerziellen und architektonischen Ehrgeiz konkurrenzlos, ihre Waren werden überall verkauft, ihre Manager umkreisen den Globus auf der Suche nach noch mehr «China» auf der Welt. Umworben von seinen einstigen Gegnern wie von seinen Freunden ist das Reich der Mitte zum ersten Mal in seiner Geschichte eine wirkliche Weltmacht, weil deren Präsenz auf allen Kontinenten spürbar ist, während der amerikanische Imperialismus Afrika weitgehend abgeschrieben hat. Aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet hat der Kommunismus nicht nur überlebt, er ist zur exemplarischen Erfolgsgeschichte der Epoche geworden. Wenn es denn ein Kommunismus ist (und nicht ein „kommunistischer Kapitalismus“). Darüber zu streiten, ziemt sich auch für ZeitgenossInnen, die den -ismen keine Gestaltungskraft mehr zubilligen.

Das heutige China ist auch vor dem Hintergrund der europäischen Demokratiegrundsätze zu beleuchten. In diesem Sinne dürfen fragwürdige Aspekte der chinesischen Entwicklung nicht ausgeklammert werden, etwa das hohe Maß der Kontrolle der Bevölkerung durch den Staat verbunden mit Sanktionen für kritische Stimmen (Datensammel-/Punktebewertungssystem für BürgerInnen und Unternehmen), die zunehmenden sozialen Klüfte in der Gesellschaft oder der Umgang mit Minderheiten (z.B. Uiguren).

Der Aktionsradius Wien versucht in sieben Veranstaltungen, die häufigsten Missverständnisse zu thematisieren und den Blick auf China möglichst weit zu fassen, u.a. mit folgenden Vortragsthemen: Einblicke in die chinesische Wirtschaft und Politik; Vergleiche zu System und Entwicklungslogik des chinesischen Wegs („Beijing Consensus“) im Gegensatz zur westlichen Variante („Washington Consensus“); soziale Bewegungen, Proteste und Arbeitskämpfe aber auch „best practise“ Beispiele aus dem Bereich Architektur bzw. Belebung ländlicher Räume.
Den Auftakt macht eine kulinarische Entdeckungsreise zu Chinesisch-Neujahr; Ausstellung, Film- und Buchpräsentation präsentieren die chinesische Community sowie Künstlerszene in Wien und im Weltmuseum gibt es eine Spezialführung zur Veränderung des westlichen Blicks auf China an der Schwelle zum 19. Jhdt. Wir hoffen es gelingt, ein vielfältiges und möglichst realistisches China-Bild zu schaffen …

Hier können Sie den Flyer "Blick auf China" abrufen.


WAS MIR HEILIG IST - Religion und Leidenschaft

Nur die wenigsten Menschen, auch in einer sehr christlich geprägten Umgebung, würden die unvermittelt gestellte Frage «Was ist dir heilig?» mit «Gott» beantworten, obwohl der Geist der Bibel eine solche Antwort aufdrängt. Religionskritische, säkularisierte ZeitgenossInnen sollten sich darüber aber nicht zu sehr freuen. Denn in unserer spätkapitalistischen Epoche ist Gott längst ersetzt durch Werbung, Marke, Geld, Konsum, sodass dem rar werdenden Bekenntnis zu Gott, wenn es ernst gemeint ist, etwas Subversives anhaftet.
Der Aktionsradius Wien möchte mit seiner – die Frommen und Unfrommen ansprechenden – Veranstaltungsserie WAS UNS HEILIG IST aber mehr auf jene Dinge aufmerksam machen, die uns Menschen Orientierung und Halt geben, die Erfüllung und Glück bedeuten. Das kann vieles sein. Selbst in alltäglichsten Momenten kann ein Hauch des «Göttlichen» spürbar sein, und auch bekennende Linke sind «gottseidank» nicht frei davon. Im Gegenteil: sie haben die Feststellung «Das ist mir heilig» zum Synonym für «Das ist mir sehr, sehr wichtig» gemacht und zu einem neuen Bild von «Heiligkeit» beigetragen.
Hier können Sie den Herbstflyer mit Schwerpunkt "Was mir heilig ist" abrufen.


 

RUSSLAND - Geschichte, Kultur, Politik

Ab Ende September 2019 lädt der Aktionsradius mit einer Mischung aus Diskurs und Kunst zu einer Auseinandersetzung mit Russland. Thematisiert werden Geschichte und Gegenwart Russlands, die Spannungen mit der Ukraine, die Beziehungen zu Europa und USA, Erinnerungen an die Russische Revolution und den sowjetischen Gulag – aber auch der russische Futurismus, Literatur, Theater, Musik, Tanz und Folklore fließen ins Herbstprogramm ein.  Hier können Sie den Herbstflyer "Russland" u.a. abrufen.

Russland ist ein Thema, das die Gesellschaft polarisiert. In seinem Buch „Feindbild Russland“ hat Autor Hannes Hofbauer das Phänomen der Russophobie zurückverfolgt bis ins 15. Jahrhundert, als der Zar im Zuge der kriegerischen Reichsbildung gegen Nordwesten zog. Es ging um Herrschaft, Konkurrenz und Meereszugang. Der Kampf um reale wirtschaftliche und (geo)politische Macht wurde auch damals schon ideologisch begleitet: Der Russe galt seinen Gegnern als asiatisch, ungläubig, schmutzig und kriecherisch, Stereotypen, die sich über Jahrhunderte erhalten haben. Das Feindbild-Paradigma zieht sich wie ein roter Faden durch die Rezeption Russlands im Westen.

Für die Zukunft Europas und seine geopolitische Rolle wäre es hingegen sehr wichtig, eine gemeinsame und kooperative Beziehung zu Russland zu entwickeln. Von Erhard Eppler, dem deutschen Entwicklungsminister von 1968 bis 1974, langjährigem Vorsitzenden der SPD-Grundwertekommission und ehemaligen Kirchentagspräsidenten, stammen nachfolgende Anmerkungen dazu:

„Wenn meine Urenkel so alt sein werden wie ich jetzt, wird das 22. Jahrhundert beginnen. Niemand kann voraussagen, wie es dann auf diesem Globus aussieht. Wahrscheinlich ist, dass China dann zur Weltmacht, vielleicht zur Weltmacht Nr. 1 aufgestiegen ist. Die USA könnten noch eine Weltmacht sein, aber vermutlich nicht mehr d i e Weltmacht. Und Europa? Wenn es nicht in nationaler Eigenbrötelei auseinanderläuft, wird es wirtschaftlich, kulturell und wohl auch politisch mithalten können. Gelingt es, Russland an dieses Europa zu binden, wird es auch militärisch einigermaßen gesichert sein. Seine Außengrenzen liegen dann irgendwo in Sibirien. Ein gutes Verhältnis zu den USA bedeutet dann für Europa keine strenge Abhängigkeit. Anders sieht es aus, wenn europäischer Hochmut, verbunden mit amerikanischen Einflüsterungen, Russland dahin drängt, wohin es eigentlich nicht will: an die Seite Chinas. Ein chinesisch-russischer Block von Peking bis Königsberg macht Europa extrem verletzlich. Es muss sich dann, koste es, was es wolle, des amerikanischen Beistands versichern. Ob wir dann mehr Verbündete oder mehr Protektorat sein werden, ist offen. Sicher scheint mir, dass meine Urenkel die Generation verfluchen werden, die es nicht fertigbrachte, Russland den Platz in und für Europa anzubieten, der nicht nur im Blick auf die Landkarte, sondern noch mehr als Ergebnis europäischer Geschichte diesem Land zusteht. (Blätter für deutsche/internationale Politik, Juli 2015)


   

LEBENSGESCHICHTEN - Menschen, Biografien, Familien

Im Mai widmen wir unser Kulturprogramm interessanten Persönlichkeiten, ihren Lebensgeschichten, Erinnerungen und Biografien. Dies ist unter zwei Aspekten interessant: es zeigt die Einzigartigkeit persönlicher Lebenswege – aber auch Lebensgeschichte als Spiegel der Zeitgeschichte. Hier können Sie den Flyer "Lebensgeschichten" abrufen.

Peter Patzak wird aus seiner Kindheit in der Brigittenau erzählen und mit seiner Frau Eve Joy Patzak die gemeinsame Ausstellung gestalten. In das Leben der Fotografin Edith Tudor-Hart führt ihr Großneffe, Regisseur Peter Stephan Jungk mittels Gespräch und Filmdoku ein, der Komponist Friedrich Cerha wird durch Regisseur Robert Neumüller filmisch porträtiert. Aus dem Leben der Widerstandskämpferin Irma Schwager sowie des koreanischen Freiheitskämpfers Seo Young-Hae erfahren wir durch persönliche Annäherungen von Familienmitgliedern und Freunden, wie z.B. durch Sohn Ernst Schwager, Bärbel Danneberg oder Enkelin Suzie Wong. Der Themenschwerpunkt „Lebensgeschichten“ wird also ein Mix an Selbstpräsentation, Dokumentarfilmen, familiärer Spurensuche und zeitgeschichtlicher Inputs. Wir laden Sie sehr herzlich ein!
Manchmal werden Biografien zu Lebzeiten geschrieben, manchmal machen sich erst nachkommende Generationen auf Spurensuche. In Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung wurde vor einigen Jahren ein Biografien-Wettbewerb ausgeschrieben: Die eingesandten Biografien wurden von einer Jury begutachtet, exemplarisch in der der Süddeutschen vorgestellt und die spannendste Lebensgeschichte wurde verfilmt. Warum? – Biografien sind ein Medium, das die Erinnerungskultur stärkt und Einblicke gibt in unterschiedlichste Zeiten und Lebensmilieus. Auffallend ist der Mangel an Biografien aus der Arbeiterklasse. Auch der Zeitgeist sowie die Veränderungen der Sprache und der Alltagsgeschichte lassen sich mit Hilfe von Biografien erfassen. Biografien können auch Generationen näher zusammenbringen. Mit dem Niederschreiben der Erlebnisse erklären Menschen, warum sie in einer bestimmten Weise gehandelt und gedacht haben. Dadurch kann Vergangenes aufgebrochen, manchmal auch besseres Verstehen in Gang gebracht werden – bei aller Skepsis über die historische Wahrheit von Biografien.


 

POLITIK & GESELLSCHAFT

Bevor der Juni mit Literatur, Musik und Festen vorsommerlich ausklingt, laden wir zu zwei Veranstaltungen in Kooperation mit dem Promedia Verlag. Auf Basis von zwei Büchern und einem Film werden Fakten und Themenstellungen präsentiert, die sich mit aktuellen Krisen und Kriegen befassen. Das Buch "Der Tiefe Staat schlägt zurück" zeigt auf, wie autoritäre Strukturen hinter parlamentarischen Kulissen entstehen. Der Film "Deadly Dust - Todesstaub" basiert wie das zugrundeliegende Buch die Verseuchung der Welt mit Uranmunition.

Die Welt ist für viele Menschen schwierig und komplex geworden. Der Aktionsradius Wien möchte ein Ort des offenen Diskurses sein, ein Freiraum des Denkens, ein Forum das zum Nachdenken, Diskutieren und Reflektieren einlädt. In diesem Sinne – kommen Sie vorbei und diskutieren Sie mit!


   

LITERATUR, FESTE, MUSIK

In der zweiten Junihälfte werden Feiern und Lebensfreude bei uns ganz groß geschrieben und wir freuen uns auf Feste mit Literatur und Musik. Am 16. Juni steht vormittags das pomali-Sommerfest in Kooperation mit der Pfarre Gaußplatz und mit Tony Perez am Saxofon am Programm. Am Abend lädt dann der Bloomsday zu einer Huldigung von James Joyce und zeitgenössicher, literarischer Autoren-Kolleginnen aus Irland in den Aktionsradius. Am 20. Juni spielt Karl Ratzer im Trio im Rahmen des WirsindWien.Festivals im Aktionsradius auf, für diese Veranstaltung ersuchen wir um Voranmeldung.


REISEN – in Länder, Welten, Zeiten

Vom Vagabundieren und Reflektieren (12. Februar bis 9. April 2019)

Im Februar, März, April 2019 lädt der Aktionsradius zum Vagabundieren und Reisen durch ganz unterschiedliche Regionen, Kulturen, Themen, Zeiten, Weltanschauungen … Steigen Sie ein und reisen Sie mit! Hier können Sie den Reise-Flyer abrufen.

Es gibt nichts Lehrreicheres als Reisen. Vor allem, wenn man der Tradition der Bürgerlichen (v.a. Männer) des 19. Jahrhunderts folgt, die die Kunst des Reisens als Erkenntnismethode entwickelten, die Schweizer und österreichische Berge erforschten, inklusive deren mythischen Höhlen, die den Reiz der oberitalienischen Städte in Worte fassten und die von jeder Reise eine Erweiterung des Horizonts ihrer humanistischen Bildung erwarteten. Kurt Tucholsky dazu: Man sollte jedem Deutschen «fünfhundert Mark geben, damit er ins Ausland fahren kann; er würde sich manche Plakatanschauung abgewöhnen, wenn er vorurteilslos genug ist, die Augen aufzumachen.» Alexander von Humboldt über jene Zeitgenossen, die dem Reisen als Persönlichkeitsbildung nichts abgewinnen können: «Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.»

Es gibt nichts Destruktiveres als Reisen. (Ausgenommen: der Krieg sowie das Diktat von Wirtschaftswachstum und Höchstprofit). Konstruktives Reisen, etwa mit einem Esel den Jakobsweg entlangwandern und sich dabei völlig dem Tempo des Tieres unterordnen (was bedeutet: nicht mehr als14 Kilometer pro Tag vorankommen) ist ein Minderheitenprogramm. Die Masse der Reisenden benützt Fortbewegungsmittel, die eigentlich, als Zeichen der fortbestehenden «imperialen Lebensweise» der Menschen, eine Abfuhr verdienten: das Auto, das Flugzeug und das Kreuzfahrtschiff. Alle drei provozieren die zornigsten der kommenden Aufstände gegen den Tourismus (z.B. gegen Autobahnbau und Küstenzerstörung, gegen Flughafen-Pisten, gegen „städtekillende“ Kreuzfahrtindustrie).

Keine Lüge ist größer als die der Reisefreiheit. Jean-Jacques Rousseau dachte nur an sich, als er seine Reiselust so beschrieb, dass es für einen französischen Bauern nur zynisch klingen konnte: «Ich habe nicht nötig, mir gebahnte Wege zu wählen; ich gehe überall durch, wo ein Mensch durchgehen kann; ich sehe alles was ein Mensch sehen kann; und da ich von niemand als von mir selbst abhänge, genieße ich aller Freiheit, deren ein Mensch genießen kann.» Wahrscheinlich war er auch so frei, überall hinzuschwimmen, wo es Wasser zum Schwimmen gibt. Paradox: jetzt, wo es die Freiheit, «überall durchzugehen» nicht mehr gibt, suchen Millionen Menschen ungebahnte Wege – Flüchtlingsrouten von Süd nach Nord und die Routen der Auswanderer von Ost nach West.

Es gibt nichts Vergnüglicheres als das Reisen. Unser Schwerpunkt zum Thema Reisen bringt trotz aller Vorbehalte mehr Propaganda für das Reisen als ein Spezialbüro für All-Inclusive-Angebote. Bei aller Tourismusskepsis: der Aktionsradius wird nicht so töricht sein, die Mitglieder einer von ihm geliebten Zielgruppe in alle Winde zu zerstreuen – jene ZeitgenossInnen, die das Angebot der «Stadtflucht», des ambitionierten Ausflugs-Services des Kulturvereins, bereits genossen haben oder es demnächst genießen werden. Denn, wie sagte Victor Segalen (1878 - 1919): «Ruhe aus vom Lärm in der Stille, und von der Stille kehre zurück in den Lärm». Und wie sagte Grillparzer? «Eine Reise ist ein vortreffliches Heilmittel für verworrene Zustände.»

Nichts eröffnet fremde Welten besser als das Reisen. „Der Weltensammler“ im Roman von Ilija Trojanow nähert sich Natur, Religion und Kultur auf exzessive Weise, er war kein Eroberer, er hat versucht, die vorgefundenen Situationen und Gesellschaften zu verstehen. Als „Weltensammler“ reist der britische Offizier Sir Richard Burton im 19. Jahrhundert anonym in den englischen Kolonialländern herum, aber anstatt hier die englischen Lebensgewohnheiten fortzuführen und jede Anstrengung zu vermeiden, lernt er wie besessen die Sprachen des Landes, erkundet neue Lebensgewohnheiten und vertieft sich in die fremden Religionen.


Arena Bar Jubiläum – Revue und Konzert

60 Jahre Arena Bar – 10 Jahre Bar der Künste (29. Jänner & 1. Februar 2019)

Die Arena Bar feiert 60. Geburtstag
Die Arena Bar der Frau Helene Wanne ist ein für Wien einzigartiges Etablissement mit plüschig-rotem Ambiente, ein Kleinod aus der Zeit des ehemaligen Varietés. Ältere ZeitgenossInnen erinnern sich noch an eindrucksvolle Flamenco-Revues, an Tanzveranstaltungen und an die Zeit der Toreros und der Heumarktringer in der der Arena Bar in den 1960er Jahren. Die Bar wurde 1959 von Helene Wanne und ihrem Mann Mendel eröffnet, der das Lokal zu einer Art „Moulin Rouge“ entwickeln wollte und ein Faible für spanische Kultur hatte. Tapeten und Wandlampen wurden daher direkt aus Spanien importiert, eine Tanz-Arena wurde gestaltet. Berühmte spanische Tänzer und der einzige österreichische Torero, Stephan Hareter, sind hier aufgetreten. Das Fotoalbum von Frau Wanne erinnert an diese Blütezeit des Varietés. Die Bar hat in den vergangenen 60 Jahren eine wechselvolle Geschichte erlebt: Café-Restaurant, Tanzcafé, Flamenco-Lokal, Varieté, Striptease-Lokal, Rotlicht-Etablissement bis zur heutigen „Bar der Künste“. Die mittlerweile über 90-jährige Helene Wanne kommt noch immer mehrmals wöchentlich von 20 Uhr bis 2 Uhr früh ins Lokal, um den Betrieb zu führen, und die wunderbare Arena Bar – heute wieder eine „Bar der Künste“, für ihre Gäste zu öffnen. Hier können Sie den Jubiläumsflyer Arena Bar abrufen.

Die „Bar der Künste“ feiert 10-Jahres-Jubiläum
2019 feiert die Arena Bar das 10-Jahres-Jubiläum der Rückführung des Etablissements zur „Bar der Künste“ durch den Aktionsradius Wien. Vor zehn Jahren hat Robert Sommer die Arena Bar im 5. Bezirk für den Aktionsradius Wien entdeckt, und am 29. Jänner 2009 wurde sie vom Aktionsradius mit der ersten Veranstaltung „Prima Notte Surreal“ wachgeküsst“, gemeinsam mit der Musikerin Tini Trampler erstmals bespielt und über die Jahre zurückverwandelt in eine „Bar der Künste“. Das Ziel war und ist es, ein einzigartiges Varietélokal vor dem Aussterben zu retten, wieder der Kunst zuzuführen und damit auch eine zeitgemäße Form des Varietés neu zu erfinden und in Wien zu etablieren. Es ist gelungen! Heute präsentiert sich die Arena Bar neu belebt als stimmige Location und „Bar der Künste“.

Der Besitzerin Helene Wanne und ihrem verstorbenen Mann ist es zu verdanken, dass die Aura der Gründungszeit in den 1950er Jahren bis ins Detail bewahrt blieb und vielen BesucherInnen fast wie ein „Wunder“ vorkommt. Und es grenzt auch fast an ein Wunder – in einer Zeit, in der draußen in der Stadt sukzessive alles versinkt, was als „unmodern“ gilt und dem Verwertungswahn unterliegt.

Sohn André Wanne ist von Anfang an in das Projekt „eingestiegen“ und unterstützt seit 2009 gemeinsam mit seiner Frau Svetlana eine behutsame Weiterführung, um die „Bar der Künste“ für Gruppen der Gegenwart und auch für die Zukunft zu öffnen. So haben sich in der Arena Bar in den letzten zehn Jahren interessante Kunstprojekte und Veranstaltungsreihen in Kooperation mit dem Aktionsradius Wien etabliert, die 2019 als eigenständige Reihen regelmäßig in der Arena Bar gastieren werden.

Revue und Konzert zum Jubiläum
Zum Auftakt und zum Anlass „60 Jahre Arena Bar – 10 Jahre Bar der Künste“ lädt der Aktionsradius Wien zu zwei Jubiläums-Veranstaltungen: unter Einbeziehung vieler Wegbegleiter und KooperationspartnerInnen der letzten Jahre wird am 29. Jänner eine Jubiläums-Revue und am 1. Februar ein Jubiläums-Konzert gefeiert.