„Die Digitalisierung ist der Fetisch unserer Zeit. Mit einer Mischung aus andächtigem Staunen und kindlichem Entzücken feiert man jedes neue Smartphone, jedes neue Betriebssystem oder jede andere technische Neuerung. Hingebungsvoll lauscht man den Zukunftsvisionen vom autonomen Fahren, von neuen Arbeitsformen, revolutionierten Bildungswelten oder dem Internet der Dinge. Ob das alles sinnvoll ist, fragt kaum jemand. Allenfalls von ein paar Datenschützern oder Entwicklungspsychologen sind hin und wieder kritische Töne zu hören. Aber deren Bedenken gehen zumeist unter in dem kollektiven Begeisterungstaumel und in den ökonomischen und sozialen Versprechungen, die uns von den Auguren der IT-Industrie eingeflüstert werden.“ so beschreibt es der Journalist Alexander Grau in seinem Spiegel-Artikel „Das Recht auf ein analoges Leben“.
Wir haben Alexander Grau in den Aktionsradius eingeladen, um im Gespräch mit Mischa G. Hendel diesen Fragen nachzugehen. Die Digitalisierung ist inzwischen weniger eine Technologie, sie ist vor allem eine Ideologie geworden, die ihren Nutzern die Freiheit raubt. Umso wichtiger ist ein Grundrecht auf analoge Existenz – aber was versteht man darunter? Hierzulande wird es, wenn überhaupt, im Zusammenhang mit älteren Menschen diskutiert, die für sich in Anspruch nehmen, weiterhin die handschriftlich ausgefüllte Überweisung bei ihrer Bankfiliale abgeben zu dürfen oder eine analoge Eintrittskarte an der Museumskasse kaufen zu können. Doch das greift zu kurz. Selbstverständlich sollten alte Menschen das Recht haben, gleichberechtigt am sozialen Leben teilzuhaben, auch wenn sie über keinen Zugang zum Internet verfügen. Sehr viel entscheidender und grundlegender ist jedoch das Recht auf ein analoges Leben zukünftiger Generationen. Hier wird entschieden, wie Menschen in Zukunft leben können oder müssen. Denn ein Leben, das unausweichlich, von Geburt an und in allen Bereichen auf die Nutzung einer bestimmten Technologie verpflichtet wird, ist nicht nur ein unfreies Leben, sondern vor allem eines, dem seine Würde genommen wurde.
Alexander Grau, Dr. phil., geb. 1968 in Bonn, studierte nach seinem Wehrdienst Philosophie, Sprachwissenschaften und Neue Geschichte an der Freien Universität Berlin. Seit 2003 arbeitet Alexander Grau als freier Journalist, Autor, Publizist und Essayist zunächst für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, später für das Magazin Cicero, die Neue Züricher Zeitung und die Weltwoche (www.alexandergrau.eu). Seit 2015 schreibt er die jeden Samstag erscheinende Kolumne Grauzone für Cicero-online. Artikel von ihm sind darüber hinaus erschienen in: Der Spiegel, Gehirn & Geist, chrismon, epoc, brand eins usw. Zudem veröffentlicht er regelmäßig Radioessays u.a. beim Deutschlandfunk und Südwestfunk.
2014 erschien der von ihm zusammen mit Gerson Raabe herausgegebene Sammelband Religion. Facetten eines umstrittenen Begriffs. 2017 erschien sein Essay Hypermoral. Die Lust an der Empörung. 2018 veröffentlichte er seinen Essay Kulturpessimismus. Ein Plädoyer und 2019 Politischer Kitsch. Eine deutsche Spezialität. Sein jüngstes Buch – Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit – erschien 2023 im Claudius Verlag, München.
Ort: Gaußplatz 11, 1200 Wien.
ACHTUNG: PÜNKTLICHER BEGINN WEGEN LIVESTREAM!!
Einlass: 18.40 Uhr. Beginn: 19.00 Uhr.
Die Veranstaltung wird auch filmisch aufgezeichnet - mit der Teilnahme stimmen Sie den Foto-/Filmaufnahmen zu. Keine Anmeldung erforderlich! Bitte Handys ausschalten!!