"Es hat in der westlichen Psychiatrie Tradition, Mystiker als Irre, Heilige als Psychotiker und Weise als Schizophrene zu betrachten, und dies ungeachtet der Tatsache, dass die großen Heiligen und Weisen möglicherweise den Gipfel menschlicher Entwicklung repräsentieren und den stärksten Einfluss auf die menschliche Geschichte gehabt haben." So formulierte der Australier Roger N. WALSH, Professor für Psychiatrie, Philosophie und Anthropologie, das Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen Weltbildern – sichtbaren und unsichtbaren Welten.

Dennoch: Die Forschung ist sich recht sicher: Schon in der Steinzeit, vor über 30.000 Jahren, haben sich weise Männer und Frauen in Trance versetzt, um die Stimme ihrer inneren Weisheit zu befragen – wie wir es heute psychologisch ausdrücken würden – und so Lösungen für Krankheiten und Probleme zu finden. Bei allen Unterschieden in den Weltbildern und den äußeren Formen: es handelt sich um Vorgänge, wie wir sie auch aus der Hypnotherapie oder den Methoden der Humanistischen und Transpersonalen Psychotherapie kennen. Sichtbare und unsichtbare Welten existieren und sie sind untrennbar miteinander verbunden.

Seit vielen Jahren befasst sich der Psychologe August Thalhamer mit den Zusammenhängen zwischen Religion, Psychotherapie und Schamanismus. Sein Vortrag ist eine Einführung in die älteste Heilform der Welt und ein Versuch, die erstaunlichen Behandlungserfolge mit Hilfe der modernen Psychologie zu erklären. Kein Wunder, dass seit 1980 die Weltgesundheitsorganisation diesen Behandlungserfolgen besonders in der Behandlung von psychosomatischen Krankheiten dieselbe Bedeutung zuerkennt wie der westlichen Medizin. Im Rahmen des Vortrags präsentiert August Thalhamer auch sein Buch „Der Heilungsweg des Schamanen - im Lichte westlicher Psychotherapie und christlicher Überlieferung“, in dem er die Geschichte des Schamanismus vorstellt und erklärt, wozu eine schamanische Reise dient und wie Heilung im Schamanismus verstanden wird. Er schlägt eine Brücke zwischen dem Christentum und schamanischen Traditionen und erzählt von seinem persönlichen schamanischen Weg. Als weiteren Themenkreis behandelt er das Verhältnis von Schamanismus und Psychotherapie. Der Vortrag gibt Impulse und Anregungen, welchen Stellenwert schamanisches Wissen in unserer westlichen Welt hat und wie es geistig in unsere Lebenswelt integriert werden kann.

August Thalhamer, Theologe und Psychotherapeut mit langjähriger schamanischer Ausbildung und Heilpraxis, lebt und arbeitet in Linz. www.thalhamer-haase.at