Hannah Arendts Essay „Die Freiheit, frei zu sein“ aus den 1960ern wurde im Jänner 2018 neu aufgelegt, war anschließend wochenlang in den Bestsellerlisten und ist nun Thema unseres Salongesprächs. – Was ist Freiheit, und was bedeutet sie uns? Begreifen wir sie nur als die Abwesenheit von Furcht und von Zwängen, oder meint Freiheit nicht vielmehr auch, sich an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen, eine eigene politische Stimme zu haben, um von anderen gehört, erkannt und schließlich erinnert zu werden? Und: Haben wir diese Freiheit einfach, oder wer gibt sie uns, und kann man sie uns auch wieder wegnehmen? In diesem auf Deutsch bisher unveröffentlichten Essay zeichnet Hannah Arendt die historische Entwicklung des Freiheitsbegriffs nach. Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Revolutionen in Frankreich und Amerika. Während die eine in eine Katastrophe mündete und zu einem Wendepunkt der Geschichte wurde, war die andere ein triumphaler Erfolg und blieb doch eine lokale Angelegenheit. Aber warum?
Moderatorin Ania Gleich spricht im Salongespräch mit der Schweizer Philosophin Regula Stämpfli (die die Hannah Arendt Lectures an der HSG St. Gallen leitet) und dem Münchner Philosophen Thomas Meyer (der das Nachwort der Erstveröffentlichung geschrieben hat) über den Freiheitsbegriff der Gegenwart sowie die Freiheit nach Hannah Arendt - einer der signifikanten politischen Denkerinnen des 20. Jahrhunderts.
Zu den Biografien:
Hannah Arendt wurde 1906 in Hannover geboren, ihre Vorfahren stammten aus Königsberg. 1924 nahm sie ihr Studium an der Universität Marburg auf und studierte ein Jahr lang Philosophie bei Martin Heidegger und Nicolai Hartmann, außerdem als Nebenfächer Evangelische Theologie, wobei sie insbesondere Vorlesungen bei Rudolf Bultmann hörte. Anfang 1926 fasste sie auf Drängen Heideggers den Entschluss, den Studienort zu wechseln, und ging für ein Semester zu Edmund Husserl nach Freiburg. In Heidelberg studierte sie anschließend Philosophie und wurde auf Vermittlung Heideggers 1928 bei Karl Jaspers nach erfolgreicher Verteidigung ihrer Arbeit Der Liebesbegriff bei Augustin promoviert. Mit Jaspers blieb sie bis zu dessen Tod freundschaftlich verbunden. 1933 emigrierte sie - nach eigener kurzzeitiger Inhaftierung durch die Gestapo - zunächst über Karlsbad und Genf nach Paris (wo sie als Sozialarbeiterin bei jüdischen Einrichtungen wirkte), 1941 dann mit ihrem Mann nach New York. Arendt war Professorin an der Universität in Chicago und lehrte danach an der New School for Social Research in New York. Dort starb sie 1975.
Thomas Meyer wurde 2003 an der LMU München mit einer Arbeit über Ernst Cassirer promoviert und habilitierte sich dort fünf Jahre später mit einer Studie über "Jüdische Philosophie und Theologie zwischen 1933 und 1938". Nach zahlreichen Stationen im In- und Ausland (darunter in Graz) ist Meyer seit 2020 außerplanmäßiger Professor für Philosophie an der LMU München u. lebt als freier Autor in Berlin. Hg. der Arendt-Studienausgabe bei Piper (sechs Bde. seit Oktober 2020 - im April erscheint "Eichmann in Jerusalem"), sowie zahlreiche weitere Monographien u. Sammelbände zur Philosophie d. 19. u. 20. Jahrhunderts.
Regula Stämpfli, Dr.phil. leitet die Hannah Arendt Lectures an der HSG St. Gallen. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für die NZZ, das Kulturmagazin "ensuite", Die Weltwoche, Kleinreport u.a. und hostet mehrere Podcasts, u.a. den wöchentlichen Medienrückblick #diepodcastin zusammen mit Dr. Isabel Rohner. Für die Kunstvermittlungs- und Kunsthandelsfirma artcare in Österreich leitet sie den Podcast „artisapieceofcake“ und ist im Kuratorinnenteam für "Female Art Auction". Ihre Bestseller „Die Vermessung der Frau“2013 und "Die Macht des richtigen Friseurs" (Mit Hannah Arendt durch den politischen Alltag) machten sie zur Code-Philosophin avant la lettre. Als 9jährige verfasste sie eine Streitschrift zur späten Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz, als Studentin liebäugelte sie mit dem Beruf der Flamencotänzerin, sie ist liebende Mutter von drei erwachsenen Kindern, passionierte Altgriechin und publiziert neben deutsch auch auf englisch, französisch und italienisch.
Das Salongespräch "FREIHEIT" findet als virtuelle Veranstaltung statt. Keine Anmeldung erforderlich!