Am 9. Jänner 2020 fand erstmals in Wien eine Mahnwache für Julian Assange statt, um die Forderung von UN-Sonderberichterstatter Prof. Nils Melzer zur sofortigen Freilassung von Julian Assange zu unterstützen, dessen Auslieferungsprozess am 24. Februar in London beginnt. https://www.facebook.com/events/2773379422743562/
Aus großer Betroffenheit nehmen wir dies im Aktionsradius zum Anlass, kurz vor Prozessbeginn eine Sonder-Veranstaltung „Julian Assange“ in unser „China-Monat“ aufzunehmen, bei dessen Programmierung es uns ein Anliegen war, das heutige China auch vor dem Hintergrund der europäischen Demokratiegrundsätze zu beleuchten - also auch die fragwürdigen Aspekte der chinesischen Entwicklung nicht auszuklammern, etwa das hohe Maß der Kontrolle der Bevölkerung durch den Staat verbunden mit Sanktionen für kritische Stimmen (Punktebewertung „Social Credit System“ für BürgerInnen und Unternehmen) oder der Umgang mit Minderheiten (z.B. Uiguren). Die Vorträge von Daniel Fuchs und Werner Rügemer thematisieren u.a. soziale Unruhen, Proteste und staatliche Repression in der Ära Xi Jinping. Wenn wir uns Fingerzeige auf China erlauben, dann sehen wir es als moralische Verpflichtung, auch europäische Geschehnisse vor dem Hintergrund westlicher Demokratiegrundsätze und der geltenden Rechtsgrundlagen (Menschenrechtskonvention, EU-Recht etc.) zu prüfen und zu beurteilen.
Wir haben den Autor und freien Journalisten Mathias Bröckers aus Berlin eingeladen, der sich mit dem „Präzedenzfall Wiki-Leaks“ intensiv beschäftigt hat und in seinem jüngsten Buch "Freiheit für Julian Assange" fordert. Hannes Hofbauer (Promedia Verlag) wird zum Fall Assange und zum Angriff auf die westliche Pressefreiheit ein Gespräch mit Mathias Bröckers führen. Wir sehen die Veranstaltung auch als Appell an alle JournalistInnen sowie die österreichische Bundesregierung und das EU-Parlament, jetzt zu handeln, um den Auslieferungs-prozess im Sinne des EU-Rechts zu stoppen und die Freilassung von Julian Assange zu erwirken.
"Am 11. April 2019 wurde der Wikileaks-Gründer Julian Assange aus der ecuadorianischen Botschaft, wo er Asyl gefunden hatte, in ein britisches Hochsicherheitsgefängnis verschleppt. Jetzt werden britische Gerichte über einen Auslieferungsantrag der USA entscheiden, die Assange eine Verschwörung mit Chelsea Manning zum Einbruch in Pentagon-Computer vorwerfen. Falls er ausgeliefert wird, könnten ihm weitere Anklagen nach dem „Spionage Act“ und die Todesstrafe drohen. Und das nicht, weil er kriminelle Taten begangen hat, sondern weil er solche enthüllt hat – im Irak, in Afghanistan und anderswo. Der Ausgang des Verfahrens von Julian Assange wird zeigen, ob es wirklich schon so weit ist und die Presse- und Meinungsfreiheit am Ende ist.“ schreibt Mathias Bröckers, Autor des Buches „Freiheit für Julian Assange! - Don´t kill the messenger“.
Der UN-Sonderberichterstatter des Hochkommissariats für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, der Schweizer Prof. Nils Melzer (der auch als Professor für Völkerrecht an der Universität Glasgow tätig ist), konnte zusammen mit zwei medizinischen Experten Julian Assange im Gefängnis besuchen. In seinem Gutachten vom 31. Mai 2019 hat er von massiver „psychologischer Folter“ gesprochen, der Assange seit Jahren ausgesetzt werde. Melzer hat seine Position zum Fall Assange vielfach klargestellt und ein sofortiges Ende der „kollektiven Verfolgung“ des Wikileaks-Gründers gefordert. Zur Klarstellung seiner Position und seiner Argumente hatte Nils Melzer dann im Juni einen Artikel verfasst und ihn renommierten internationalen Zeitungen angeboten – keine einzige wollte ihn abdrucken. Der Artikel erschien lediglich online auf medium.com („Demasking the Torture of Julian Assange“, https://medium.com/@njmelzer/demasking-the-torture-of-julian-assange-b252ffdcb768).
Wenn man sich vorstellt, was im hiesigen „Werte“-Westen multimedial los wäre, wenn mit einem Journalisten in Russland oder China, der Kriegsverbrechen und Korruption der Regierungen öffentlich gemacht hat, nur ansatzweise so umgegangen würde wie mit Julian Assange, dann wird deutlich, wie schändlich und niederträchtig dieses Schweigen ist.
Melzer sieht im aktuellen Verfahren schwere Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und fordert die sofortige Freilassung von Julian Assange. Am 27. November 2019 hat Melzer einen dringenden Appell und eine furchterregende Einschätzung im Deutschen Bundestag hinterlassen: „In den 20 Jahren meiner Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung habe ich noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammengeschlossen hat, um ein einzelnes Individuum so lange und unter so geringer Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu dämonisieren und zu missbrauchen.“
Auch für Bröckers Buch „Freiheit für Julian Assange! – Don´t kill the messenger“ (Westendverlag) erschien Melzers Artikel zu spät. Mathias Bröckers hat aber einige Auszüge in seinem Kommentar „Präzedenzfall WikiLeaks“ auf Deutsch veröffentlicht, die auch bisherige Informationen und Veröffentlichungen in ein völlig anderes Licht rücken: https://www.westendverlag.de/kommentare/praezedenzfall-wikileaks/
Nils Melzer: „Am Ende dämmerte es mir schließlich, dass ich durch Propaganda geblendet und dass Assange systematisch verleumdet worden war, um die Aufmerksamkeit von den Verbrechen abzulenken, die er aufgedeckt hatte. Nachdem er durch Isolation, Spott und Scham entmenschlicht worden war, wie die Hexen, die wir auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatten, war es leicht, ihm seine grundlegendsten Rechte zu entziehen, ohne die Öffentlichkeit weltweit zu empören. Und so wird ein rechtlicher Präzedenzfall geschaffen, durch die Hintertür unserer eigenen Selbstgefälligkeit, die in Zukunft ebenso gut auf Offenbarungen von The Guardian, der New York Times und ABC News angewendet werden kann und wird.“ ... „Es geht nicht nur darum, Assange zu schützen, sondern auch darum, einen Präzedenzfall zu verhindern, der das Schicksal der westlichen Demokratie besiegeln könnte. Denn wenn es zu einem Verbrechen geworden ist, die Wahrheit zu sagen, während die Mächtigen Straflosigkeit genießen, wird es zu spät sein, den Kurs zu korrigieren. Dann haben wir uns ergeben – unsere Stimme der Zensur und unser Schicksal einer ungezügelten Tyrannei.“
Aktuell gibt es regelmäßige Mahnwachen in Wien (jeden Mittwoch 17-19 Uhr Stephansplatz). Näheres zu den Terminen sowie Berichte und Petitionen finden Sie in der Facebook-Gruppe "Freedom for JULIAN ASSANGE! NOW!". Weitere Infos: https://candles4assange.de/
Eine Rede von Hannes Hofbauer bei der Mahnwache am 25. Jänner 2020 in Wien finden Sie hier: https://www.youtube.com/embed/RjfmrAB8pVA
Aktionsradius Wien
Gaußplatz 11
1200 Wien